The Essence of Berlin-Tegel | Peter Ortner _ REVIEW
Stell dir vor es ist Flughafen und es sind keine Menschenmassen, keine Flugzeuge, keine Fracht.
Stattdessen: Linien, Zacken, Kanten. Rot, gelb, grau, braun in allen Schattierungen.
Was ist die Essenz eines Gebäudes? Eines Ortes? Eines Flughafens?
Peter Ortner (hier im deconach.com interview) dokumentiert nicht. Er porträtiert auch, zumindest nicht im gewohnten Sinne. Peter Ortner zeigt den alten Berliner Flughafens Tegel, der zum Jahresende 2020 stillgelegt wurde, anders. Es sind formale Besonderheiten, die der Fotograf aufspürt und die, für ihn, den Charakter, die Essenz des Gebäudes ausmachen.
Ein Essay von Florian Heilmeyer zum Background Tegels, 1974 eröffnet, erzählt von den Besonderheiten des Flughafens und stellt gut dar, wie das damals noch junge Büro der Absolventen Meinhard von Gerkan, Volkwin Marg und Klaus Nickels (das als Büro so noch gar nicht bestand) ihre Gesamtkunstwerk entwickeln – eine ähnlich mutige Entscheidung eines Preisgremiums scheint heute kaum mehr vorstellbar. Welche Formen und Gestaltungsweisen führen dazu, dass der „Flughafen der kurzen Wege“ menschlicher wird denn eine „Reisendenabfertigungsmaschine“ zu sein. (Heilmeyer verschweigt aber auch nicht, welche Schwachstellen die Architektur hatte und an welche Grenzen „TXL“ stieß.)
Ortners Aufnahmen zeigen Pfeile, Wegweiser, Beschriftungen.
Bodenbeläge, Verkehrsstrukturen, Deckenelemente.
Durchblicke, auf Beton, Metall, auf leere Räume, mal verwischt, mal dunkel beleuchtet, mal angeschnitten, mal in der Totalen.
Und so gelingt ihm tatsächlich ein irgendwie intimer Blick auf das Gebäude und seine Formen – unterstützt auch durch das ungewohnte kleine Querformat des Buches, das mit offenen Papier und dickem Einband auch auf ein haptisches Erleben zielt.
The Essence of Berlin-Tegel
Taking Stock of an Airport’s Architecture
Peter Ortner
Jovis, Berlin 2020, dt. / engl.
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