PLAYBOY Architecture 1953–1979 in Frankfurt | REVIEW

Eine Ausstellung über den Playboy? Also die Magazine? Eine Ausstellung über die Architektur im Playboy? Dass die Hefte in erster Linie wegen der Artikel gekauft werden, versteht sich … – aber wegen der Einrichtungstipps?

Blick in die Ausstellung (c) SK

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Um es gleich vorweg zunehmen, ja, es gibt nackte Haut zu sehen in der Ausstellung „PLAYBOY ARCHITEKTUR 1953–1979“ im Deutschen Architekturmuseum Frankfurt (15. Februar – 20. April 2014). Es gibt sogar eine ganze „Timeline“ zu sehen, in der alle Magazine von 1953 bis 1979 darauf, warten durchgeblättert zu werden. (Und das ist richtig spannend – wie haben sich Layout und Grafik verändert, wie die Papierqualität, wie haben sich Mode und Schönheitsideal und natürlich auch die Freizügigkeit gewandelt?)

Tatsächlich las man – damals zumindest – den Playboy (auch) wegen seiner Artikel. Für heutige Augen ist das Layout der ersten Jahre sogar ausgesprochen textlastig, Fotografien – vor allem von der omnipräsenten Marilyn Monroe – sind sehr sparsam verteilt. Häufiger gibt es noch Zeichnungen und Comics. Überhaupt ist das Magazin für heutige Augen erstaunlich zahm. Erst in den Siebzigern etwa nimmt es, wenn man so will, erotisch an Fahrt auf.

Blick in die Ausstellung (c) SK

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Stattdessen gab es umfangreiche Texte. Gastbeiträge von den wichtigsten Autoren der Zeit, Kerouac, Greene, Hemingway, Calvino, Moravia, Marquéz. Liest man in autobiografischen Texten zeitgenössischer US-Autoren, findet man immer wieder Kommentare, die die Freude darüber ausdrücken, einen Beitrag im Playboy untergebracht zu haben. Besonders prominent waren auch die Interviews – „A candid conversation with …“ – mit Kulturgrößen und Intellektuellen der Zeit und dies waren neben Sartre, Martin Luther King und Dalí eben auch Buckminster Fuller und Albert Speer. Auch über Stadtplanung wird berichtet.

Besonders eindrucksvoll ist es jedoch zu beobachten, wie sehr der Playboy ein Lifestyle-Magazin (gewesen) ist, das in der Tat einen Lifestyle geprägt, mehr noch, diesen im Grunde mitbegründet hat: den des urbanen, weltgewandten, kultivierten Junggesellen. James Bond etwa dürfte der ewige Prototyp dafür sein.

Blick in die Ausstellung (c) SK

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Tatsächlich hat der Playboy ganz maßgeblich einen Lebensstil propagiert und der tatsächlichen räumlichen Gestaltung dieses Lebensraums buchstäblich sehr viel Platz eingeräumt: Von Einrichtung und Möbeln bis hin zum ganzen Gebäude wird der sprichwörtliche bachelor pad inszeniert – zunächst als fiktiver Entwurf, später dann als Fotodokumentation realer Wohnungen, in denen Models inszeniert wurden. Damit positioniert man sich deutlich gegen die zur Entstehungszeit des Playboys dominierenden Einrichtungsmagazine, die einen traditionellen, konservativen Stil pflegten. Als Gegenentwurf zum familiären Haus in Suburbia lebt der wohlhabende Mann von Welt in dieser urbanen durchdesignten Playboy-Welt – die Mad Men lassen grüßen! -, an der auch der Familienvater teilhaben kann, indem er sich Saarinens Womb Chair kauft.

Diese Inszenierung gelingt so erfolgreich, dass gar von Playboy-Architektur gesprochen wird: 1961 bezeichnet Sigfried Giedion in seinem „Space, Time & Architecture“ die Architektur der Fünfziger erstmals als „playboy architecture“– noch geringschätzig „as architecture as playboys treat life: jumping from one sensation to another and quickly bored with everything“.

Blick in die Ausstellung (c) SK

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Reyner Banham hingegen erkennt im Playboy und der darin propagierten Lebens-Raum-Gestaltung (schon 1960) eine neue Facette in Architektur und Raumdesign, die diese mit Unterhaltung, Muße, Verführung verbindet und eine – positive – Verschiebung kultureller Identität hin zu einer neuen Konsumgesellschaft markiert. Tatsächlich haben sich in den Siebzigern diese Designvorstellungen in der Popkultur und bei einem Massenpublikum etabliert: Der Playboy wird zum einflussreichsten Förderer der modernen Stils in den USA, Pop- und Hochkultur verbinden sich zu einem neuen Stilideal.

Es sind äußerst interessante und auch überraschende Einblicke, die die Ausstellung auf einer Ebene des DAM präsentiert. Spannend, aber auch sehr gedrängt und stellenweise redundant – was sicherlich zu einem nicht unwesentlichen Grad auch dem Platzproblem des Museums geschuldet ist, denn wirklich kuratorisch praktisch ist der Ungers-Bau nicht, trotz eigentlich recht ordentlicher Fläche … (die größte Ausstellungsfläche im 1. Stock kommt dabei schon der Playboy-Show zu). Präsentiert wird daher eine gestraffte Ausgabe der Ausstellung, die in einer Kooperation mit der Princeton University entstanden ist und als Wanderausstellung schon im Bureau Europa (Maastricht) zu sehen war.

Der Ausstellungsraum wird geschickt strukturiert durch gerüstartige Konstruktionen, die einen kleinen Rundgang durch den Raum ermöglichen. Diese Stellwände sind mit zweisprachigen Infotexten und natürlich viel Bildmaterial bezogen – Vergrößerungen von Auszügen aus den Magazinen. So interessant dies kuratorisch auch gelöst ist, tritt eben dadurch auch bald ein Ermüdungseffekt ein, denn tatsächlich ist dies schon der Großteil der Ausstellung – auf Wandposter vergrößerte Bildauszüge (dem Thema der Ausstellung entsprechend natürlich von Bauten und Innenräumen). Hinzu kommen die Regale der schon genannten „Timeline“ als Zentrum der Präsentation.

Blick in die Ausstellung (c) SK

Blick in die Ausstellung (c) SK

Das alles steht dann doch recht eng gestellt, vermittelte werden sehr viel Informationen auf engstem Raum, die aber nicht so richtig greifbar sind – hier stehen ein paar moderne Stühle, wie sie in den Magazinen inszeniert wurden, bevorzugt mit einem Model darauf (aber natürlich für den Besucher der Ausstellung „Berühren verboten“), dort läuft Jazz aus der Zeit im Hintergrund. Ein Modell eines Playboy-Hausentwurfs gibt es noch sowie einen Nachbau des berühmtberüchtigten runden Betts von Playboy-Gründer Hugh Hefner (hier zumindest dürfte man sich setzen). Der dominante Übergewicht der Präsentation haben jedoch die Bildauszüge. Dadurch bleibt die Schau doch sehr abstrakt. Etwas mehr „Greifbares“, die die Dokumentation illustrieren, eine stärkere Mischung von Information und gegenständlicher Illustration – und dabei gar nicht unbedingt weniger Theorie –, auch ein Ausblick auf die Jahre des Playboys bis heute wären schön gewesen.

Wer eye candy mag und bei Playboy vor allem an die Centerfolds denkt, für den dürfte die Ausstellung sicher nicht ganz die richtige sein (obwohl es auch Bunnies zu sehen gibt). Wer hingegen etwas Zeit mitbringt, lesen mag und sich für den historischen Blick auf die Entwicklung und Etablierung eines Lifestyles interessiert, der sollte einige spannende, auch überraschende Beobachtungen aus der Ausstellung mitnehmen.

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  1. THE WRONG HOUSE - Hitchcock als Architekt? | REVIEW | deconarch.com | Literature - 16. Mai 2014

    […] und prägen können, war zuletzt in der Frankfurter „Playboy Architektur“-Ausstellung Thema (deconarch.com Review). Was dabei bei einem gedruckten Magazin gelungen ist, ist umso mehr bei bewegten Bildern zu […]

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