BauWerk im Schacher – Raum für Kunst, Stuttgart
Stuttgart 21 kommt. Vielleicht. Oder auch nicht. Nicht. Die nächste Ausstellung im Schacher – Raum für Kunst jedenfalls, die sich (wie auch die letzten beiden Ausstellungen) dem großen Thema “Architektur” widmet, steht fest. Die “BauWerk” betitelte Schau, die am kommenden Freitag (16.9.) um 19 Uhr eröffnet wird, kombiniert und konfrontiert Steinskulpturen und Steindrucke von Uli Gsell mit zu Skulpturen geflochtenen Laserprints und Polaroids von Marc Dittrich – und beweist damit mal wieder, dass die Grenzen zwischen Architektur und Bildender Kunst fließend sind.
Marc Dittrich, Uli Gsell
BauWerk
Schacher – Raum für Kunst
Galerienhaus Stuttgart
PR-Text: Die Grenzen zwischen Architektur und Bildender Kunst sind bekanntlich fließend. Eindrucksvolles Beispiel: die sechste Ausstellung in der im Januar 2011 eröffneten Galerie „Schacher – Raum für Kunst“. Unter dem Titel „BauWerk“ kombiniert und konfrontiert die Schau Steinskulpturen und Steindrucke von Uli Gsell mit zu Skulpturen geflochtenen Laserprints und Polaroids von Marc Dittrich.
Uli Gsell ist ein Zauberer. Als „Zauberstab“ benutzt er einen Presslufthammer, eine Flex, ein Kernbohrgerät, ein Fräse und/oder einen Schleifstein und verwandelt so Steine zu Seherlebnissen, die zwischen abstraktem Augenkitzel und figurativen Erinnerungen changieren. Viele Skulpturen erinnern mit ihren Treppen, Eingängen, Ausgängen, Sackgassen, Kammern und Durchblicken an archaische Behausungen oder mutig erbaute Türme. Wer den Bearbeitungs-„Spuren“ folgt und in die Schächte schaut, wird mit überraschenden, ästhetischen Ein- und Durchblicken belohnt. Die Ambivalenz zwischen natürlichem und künstlichem bzw. künstlerischem Erscheinungsbild ist einer der Reize, welche die Skulpturen so anregend machen. Uli Gsell lässt große Teile seiner Findlinge naturbelassen und stellt zerklüfteten Oberflächen glatte Partien zur Seite. Raue Flächen und glatte Kanten, geschlossene Formen und Durchbrüche, Positiv- und Negativformen, Schwere und Leichtigkeit, Ruhe und Bewegung ergänzen sich zu einer sicht- und spürbaren Balance zwischen Zufall und Präzision.
Relativ neu in Uli Gsells Schaffen sind die Abdrücke und Durchriebe auf Stoff. Der Künstler hat einige Skulpturen mehrmals gespalten und die neu entstanden Bruchflächen, die bisher im Stein verborgen waren, schwarz eingefärbt und auf Stoff gedruckt. Unebenheiten werden zu ausgefransten Wolken, Bohrlöcher zu weißen Linien. Als hieroglyphenartige Ab-Zeichen erzählen die Abdrucke von der Begegnung des Künstlers mit seinem Material, von der geheimen Geschichte von der Entstehung der Welt.
Auch Marc Dittrich hat magische Hände. Er druckt fotografische Aufnahmen von anonymen Hochhaus-fassaden aus und verflechtet mehrere Laserprints desselben Hauses zu neuen Kuben, die als Reliefs die Wände überwuchern und als Skulpturen den Raum füllen. So bricht er das starre und monotone Muster der Wand- und Fenster-Elemente auf. Aufgrund ihrer unperfekten, fragilen Erscheinung strahlen die Arbeiten einen angenehmen, „menschlichen“ Bastel-Charme aus, welcher in einem reizvollen Kontrast zur strengen Geometrie der Ausgangsmotive steht.
Auch seine aus Dutzenden von akkurat arrangierten Polaroidaufnahmen bestehenden Wandarbeiten offenbaren sich dem genauen Hinschauer als sympathische, gewitzte Augenkitzler. Weil der Künstler seine Fassaden-Fotos von Stuttgarter Gebäuden (u.a. Schlossgarten Hotel, Hallschlag, Assemwald) in seinem Atelier an eine Wand projiziert und erst dort als Polaroids abfotografiert hat, haben die entstandenen Resultate eine geradezu unwirkliche, geisterhafte, surreale Anmutung.
Eigentlich sind Marc Dittrich und Uli Gsell mehr Architekten als Bildende Künstler. Als Räume im Raum suchen und finden ihre Skulpturen und Wandarbeiten den Dialog mit der Architektur. Sie rufen den schlichten, weißen Galerieräumen ein neckendes „Ätschebätsch“ entgegen.
Info + illus. courtesy Schacher – Raum für Kunst