Asmara – Africa’s Jewel of Modernity | REVIEW
Afrika pflegt ein mediales Zwitterdasein – einerseits dauerpräsent mit meist wenig positiven Nachrichten (Nafri! Flüchltingskatastrophe! Hungersnöte und Krieg!), ist es andererseits für den nordeuropäischen Leser kaum zu fassen, der meist schon beim Versuch scheitert, die bekanntesten Länder geografisch ungefähr auf der Landkarte zu verorten. Umso spannender, „zufällig“ auf Entdeckungsreise zu gehen.
Asmara also. Hauptstadt von Eritrea (eher rechts oben auf der Landkarte, unter Ägypten, rechts von Äthiopien). Der Eigenname bedeutet in der Landessprache Tigré „in Frieden Leben“. Weitergoogeln – Tigré ist eine semitische Sprache, weiß Wikipedia, wird von etwa 800.000 Menschen vor allem in Eritrea, aber auch in Sudan gesprochen und ist eine von neun (!) „Nationalsprachen“ Eritreas. Die Sprache besitzt keine schriftliche Überlieferung, wird aber heute mit der äthiopischen Schrift geschrieben. (Mehr Info)
Asmara wiederum. Ein Juwel der modernen Architektur: Bis heute ist der Einfluss der ehemaligen Kolonialmacht Italien auf die Architektur der Stadt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sichtbar (Italienische Besestzung 1889 bis 1941, dann folgten die Briten, bis 1952, und die Äthiopier, bis 1991). Eine der eindrucksvollsten und größten erhaltenen Ansammlungen moderner Architektur weltweit findet sich hier. Viele der im futuristischen, expressionistischen, kubistischen oder rationalistischen Stil errichteten Gebäude sind erhalten und prägen noch heute das Stadtbild Asmaras. Wie das?
Auch hier weiß Wikipedia (noch) mehr: „Im italienischen Faschismus gewann Asmara spätestens ab 1932 als Zentrum des italienischen Aufmarschgebietes für den Italienisch-Äthiopischen Krieg (1935–1936) stark an Bedeutung und erlebte vor allem durch Zuwanderung aus Italien ein rasantes Wachstum, die Bevölkerung verfünffachte sich auf knapp 100.000 Einwohner, davon mehr als die Hälfte Italiener. Dem Bevölkerungswachstum folgte ein Bauboom zur Bewältigung der neuen Funktionen. Die in der Folge ab der Mitte der 30er Jahre errichteten Gebäude zeichnen sich häufig durch eine moderne und qualitätvolle Architektur aus, die jedoch ohne jede Rücksicht auf die lokale Bevölkerung und traditionelle Strukturen und unter teilweiser Einführung der Rassentrennung verwirklicht wurde. Aus dieser Zeit sind heute noch zahlreiche Gebäude im Stil des Razionalismo erhalten, der italienischen Ausprägung der klassischen Moderne. Eritrea beabsichtigt dieses Ensemble zum Welterbe der UNESCO anzumelden.”
Asmara:
Africa’s Jewel of Modernity
Fotografien von Stefan Boness Jochen Visscher (Hg.)
Jovis Verlag
Hardcover, 17 x 20 cm, 96 Seiten, 82 farb. Abb.
Deutsch/Englisch
ISBN 978-3-86859-435-5
Der Fotograf Stefan Boness hat Eritrea mehrfach besucht und die sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen dokumentiert. Seine Aufnahmen des einzigartigen architektonischen Erbes wurden jetzt in einer überarbeiteten und veränderten Auflage der erstveröffentlichung von 2006, Asmara – The Frozen City, neu herausgegeben. Begleitet von einem Essay zur Geschichte udn Entwicklung der Stadt, begegnet Asmara in Boness’ Aufnahmen als lebendiges Museum der Moderne.