Architekturen des Archivs | Sinje DILLENKOFER in Innsbruck
Sinje Dillenkofer, a German artist born in1959, examines social structures in her work, deploying the greatest variety of techniques such as painting, etching and drawing. But she also uses photography and writing to express her views. At the Ferdinandeum Dillenkofer is showing works from the CASES series begun in 2010. The series comprises photographs of interior views of historic containers in which silverware, precious vessels or scientific instruments were stored. The objects come from the collections of the Tyrolean State Museums and Ambras Castle, the state archive, city archive and private collections. Dillenkofer challenges cultural values, power relationships in various periods and the concept of beauty.
Sinje Dillenkofer
Architekturen des Archivs
27. Februar bis 17. Mai 2015
Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck
PR Info _ Das Ausstellungs- und Katalogprojekt “Sinje Dillenkofer. Architekturen des Archivs” im Ferdinandeum in Innsbruck umfasst 25, teils mehrteilige Bilder aus der Werkgruppe CASES. Dabei handelt es sich um fotografische Innenansichten in Deckel und Boden leerer, überwiegend historischer Behältnisse, nach denen die deutsche Künstlerin in privaten und öffentlichen Sammlungsbeständen in Innsbruck – beispielsweise in den Tiroler Landesmuseen, im Schloss Ambras, Stadtmuseum und Stadtarchiv, Tiroler Landesarchiv, Stift Wilten und Serviten Kloster – forschte. Sie nutzt das historische Behältnis als Metapher, seinen architektonischen Raum als Bild-Raum und Typologie abstrakter Formen und Spuren, die auch als Index und Verweis gelesen werden können, um Auskunft über seine Historie, Funktion und Bedeutung in der Gesellschaft zu geben, die es erbaut hat.
Zum Bild gewordene Speicher | Dillenkofers CASES sind zu einem Bild gewordene Speicher, zum anderen haben sie das Speichern und Archivieren selbst zum Thema. Die Künstlerin knüpft damit an die Tradition einer künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Archiv und dem Archivieren an. In ihren CASES kommt es zu einer Sichtbarmachung jenes Ordnungssystems selbst, das die Grundlage jeglicher musealen Arbeit bildet. Sie sind bildhaft gewordene Arbeitsspeicher und Fotografien bzw. Repräsentanten von Speicher- und Ordnungssystemen in einem. Sie sind Inhaltsträger und Bewahrer zugleich – und somit „Museen“ in sich.
Das Behältnis als “Fall” | “Cases” steht im Englischen für “Koffer, Behältnisse, Gehäuse, Etuis”” und für juristische, kriminologische oder generelle “Fälle””. Beide Übersetzungsvarianten sind bei Dillenkofer zutreffend. Gegenstände wie Schmuckstücke, Tafelsilber, liturgische Prunkgefäße, technische Instrumente, Urkunden oder Waffen, sind in den Behältnissen nur als Hohlraum, Negativform, Spur eines Ein- oder Abdrucks oder einer Einprägung präsent. All das verweist in der Gegenwart auf die Form des Gegenstandes, bewahrt ihn trotz dessen Abwesenheit in der Leere, und verweist in der Vergangenheit auf die Entstehungsgeschichte des Abdrucks, auf einen materiellen Prozess, der im Index indirekt sichtbar bleibt. Die Fotografien der CASES scheinen so das Abwesende in ihnen zu “verkörpern”. Sie werden zu sogenannten “Fällen” und ihre Geschichten erst in der Imagination des Betrachters lebendig. Im Kontext der Kunst einer Ausstellung betrachtet, werden die CASES autonom und durch ihre überdimensioniert kleine oder große Abbildung im Kunstwerk beispielsweise für den Besucher neu erfahrbar. Dabei offerieren sich ihre Fotografien als “Spiegel” der Gedanken des Betrachters und “Zeugnis” der Zeit, aus der sie stammen.
Info + illus. courtesy Tiroler Landesmuseum