„Qualität, Professionalität und Leidenschaft für die Sache.“ INTERVIEW mit Galerist Alex Schlesinger, Zürich
Die Zürcher Galerie Alex Schlesinger präsentiert Kunst, die sich mit den Themen Urbanes Leben, Architektur und Industrielandschaften auseinandersetzt. Gegründet im Jahr 2003 von Alex Schlesinger liegt der Fokus der Galerie auf zeitgenössischer Malerei im Spannungsfeld zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit.
Zurich-based gallery Galerie Alex Schlesinger presents art circling around the topics Urban life, architecture and industrial landscapes. Established in 2003 by Alex Schlesinger, the gallery’s focus is on contemporary painting between abstraction and figuration. In the interview Alex Schlesinger tells deconarch.com about his gallery work.
Die über 20 Künstler aus dem In- und Ausland, die die Galerie derzeit betreut, arbeiten vor allem mit den Medien Öl oder Acryl auf Leinwand, aber auch mit C-Prints oder – besonders auffällig – Autolack auf Aluminium (Konrad Winter). Die vertretenen künstlerischen Positionen bewegen sich zwischen abstrakt und figurativ/hyperrealistisch, zwischen Fotografie und Malerei, zwischen Comix und Kunst. Fotografie selbst ist jedoch nicht im Programm, die plastische Kunst mit nur einer Bildhauer-Position (Daniel Häsli) vertreten.
Besonders interessant sind – vom architektonischen Standpunkt aus – neben Tobias Weber, über den deconarch.com bereits berichtet hat (s. Interview 2008; ein ausführliches Porträt von Tobias Weber findet sich hier), vor allem die Arbeiten von Janika Fabrikant, Moritz Hasse, Remi Jaccard, Raphaël Renaud, Wolfram Scheffel, Maria Temnitschka, Thitz, Patrick Tschudi und Konrad Winter.
Pro Jahr veranstaltet die Galerie Alex Schlesinger sieben Ausstellungen mit Künstlern der Galerie und beteiligt sich regelmäßig an Kunstmessen in der Schweiz und im Ausland. So wird sie in Kürze an der art KARLSRUHE 2010 teilnehmen. Die Galerie ist Mitglied des „Verbands Schweizer Galerien” (www.artgalleries.ch) und des Vereins „Die Zürcher Galerien” (www.dzg.ch).
Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass Alex Schlesinger, der französische und spanische Sprache und Literatur und Literaturwissenschaft an der Universität Zürich sowie in Paris und Madrid studiert hat, neben seiner Galerietätigkeit nach wie vor als Lehrer an einem Zürcher Gymnasium arbeitet.
Im Interview mit deconarch verrät Alex Schlesinger, wie es zur Gründung seiner Galerie kam, und gibt Einblicke in seine Galerie-Tätigkeit.
© der Abbildungen: die Künstler, courtesy Galerie Alex Schlesinger
INTERVIEW MIT ALEX SCHLESINGER
deconarch: Sie arbeiten neben Ihrer Galerietätigkeit nach wie vor auch als Gymnasiallehrer für romanische Sprachen, Sie haben also nicht „von Haus aus“ mit Kunst zu tun. Wie kam es zur Gründung Ihrer Galerie?
Alex Schlesinger: Die Vermittlung von Kunst und Kultur beschäftigt mich seit meinem Studium der Romanistik und Literaturkritik (1987). Im Jahr 2000 absolvierte ich noch eine Zusatzausbildung zum Kulturmanager. Nun erwachte in mir das Interesse, das Gelernte in Praxis umzusetzen und einen kommerziellen Kulturbetrieb aufzubauen und ihn zu führen.
Der Fokus der Galerie liegt auf zeitgenössischer Malerei im Spannungsfeld zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit, thematische Schwerpunkte sind dabei vor allem Urbanes Leben, Architektur und Industrielandschaften. Woher kommt dieses Interesse am Architektonischen? Hatten Sie die Idee zu diesem Schwerpunkt schon von Anfang an oder hat es sich nach und nach entwickelt?
Architektur hat mich immer schon fasziniert, nicht einmal als Thema in der bildenden Kunst, sondern als erlebte Architektur. Ich liebe Großstädte. Ich kann mir vorstellen, dass auch meine Vorliebe für Konkrete und Konstruktivisten, die ich vor allem in den Jahren 1980/1990 bewunderte, zu diesem Schwerpunkt in meinem Galerieprogramm beigetragen hat. Die klaren Strukturen, die rigide Bildaufteilung.
Diese Idee hat sich mit der Zeit entwickelt. Sie begann vor allem mit der Aufnahme des französischen Künstlers Raphaël Renaud in mein Programm. Dies war zwei Jahre nach der Gründung meiner Galerie, 2005. Kurz darauf lernte ich Tobias Weber kennen und weitere Künstler, die sich mit „meinem“ Thema beschäftigten.
Nach welchen Kriterien wählen Sie die Künstler aus, mit denen Sie zusammenarbeiten?
Es handelt sich ausschließlich um europäische Künstler, jüngere, noch nicht etablierte. Es reizt mich, solche zu entdecken, ihren Werdegang zu verfolgen und bekannt zu machen. Das Alter der Künstler spielt keine Rolle für mich. Entscheidend ist das Ergebnis.
Im Moment betreue ich etwas mehr als 20 Künstler und kann daher keine neuen Künstler aufnehmen, auch wenn es mich manchmal reut, wenn ich ganz spannende Positionen entdecke.
Wollen Sie ein paar Künstler näher vorstellen?
Dies fällt mir schwer. Falls Sie mir einen Namen nennen könnten?
Interessant sind etwa die Arbeiten von Janika Fabrikant, einer über 70 Jahre alten Dame, die neu in Ihrem Programm ist und mit der Sie im Sommer Ihre erste Einzelausstellung machen werden. Aber auch Raphaël Renaud, mit dem Sie schon von Anfang an zusammenarbeiten, und Thitz, dem „Tütenkünstler“.
Mit Janika Fabrikants (*1934) Bilder assoziiert man zunächst den Fotorealismus, von dem sich die Künstlerin allerdings deutlich distanziert. Tatsächlich nimmt sie ihre Motive zuerst mit der Kamera auf, entwickelt sie aber anschließend weiter in Richtung nicht fotorealistischer Präzision, sondern einer Genauigkeit anderer, keineswegs naturalistischer Art.
Die Darstellungen von Industrieanlagen und Architekturen erscheinen nicht nur als Zeitzeugen, sondern auch als traumhafte, bedrohliche Gebilde.
Fabrikants Arbeiten werden zum ersten Mal in Deutschland am Stand der Galerie Alex Schlesinger (H2/B20) auf der art KARLSRUHE 2010 zu sehen sein.
Der französische Künstler Raphaël Renaud (*1974) zählt zu den wegweisenden und erfolgreichsten Künstlern der Galerie. Seine bevorzugten Themen sind Städtebilder, die hauptsächlich aus der Vogelperspektive dargestellt werden, und Industrieanlagen jeglicher Art.
Sein Stil vereint häufig gleichzeitig drei Stil- bzw. Kunstrichtungen, die in einem ständigen Wechsel zueinander stehen: Impressionismus, Hyperrealismus, Abstraktion. Kaum hat sich das Auge an die eine Richtung gewöhnt, wird es fast automatisch in eine andere gelenkt.
Der deutsche Künstler Thitz (*1962), genannt auch der „Tütenkünstler“, konstruiert in seinen Bildern Städte, wobei er von konkreten Modellen ausgeht und an diesen (malerisch und zeichnerisch) weiterbaut. Es entstehen Städte, die sich durch Toleranz auszeichnen und in denen Menschen verschiedener Couleur gleichzeitig leben können.
Thitz integriert in seine Arbeiten Tüten aus den jeweiligen Städten, die er thematisiert. Sie sind die Basis seiner Werke und verleihen ihnen Authentizität.
Welche Zielsetzungen verfolgt die Galerie?
Unbekannte Künstler, die dem Galerieprogramm entsprechen, auf ihrem Weg zu begleiten und sie einem breiten Publikum bekannt zu machen sowie die Teilnahme an renommierten Kunstmessen im In- und Ausland.
Was ist Ihrer Meinung nach charakteristisch für Ihre Galerie?
Qualität, Professionalität, Atmosphäre in der Galerie, Leidenschaft für die Sache. Ein klares Programm.
Welche Ausstellungen werden in den nächsten Monaten zu sehen sein?
März/April: Konrad Winter (A): Malerei, Autolack auf Aluminium, moderner Impressionismus, Thema: Stadt
Mai/Juni: Edith Schindler (CH), Malerei, manchmal fast fotorealistisch, Themen: Blumen, Schattenbilder
Juni/Juli: Janika Fabrikant (CH): neu im Programm, Malerei, Themen: Stadt, Industrielandschaften
August/Oktober: Moritz Hasse (D), Malerei, Thema: Stadt
Oktober/November: Raphaël Renaud (F), Malerei, Themen: Stadt, Industrielandschaft
November/Dezember: Peter Anderes (CH), Malerei, die einzig ganz abstrakte Position im meinem Programm
Und noch eine allgemeine Frage zum Abschluss: Welche Rolle spielt Kunst für Sie?
Sie umgibt mich ständig. Ob zu Hause, in der Galerie, in der Freizeit. Sie ermöglicht mir, mein Auge für Dinge zu schärfen, die mir bis anhin verborgen geblieben sind. Sie macht mich zu einem genauen und kritischen Beobachter meiner Umwelt. Natürlich erfreut sie meine Sinne und verhilft mir zu Glücksmomenten und regt mich zum Denken an.
Alex Schlesinger, haben Sie herzlichen Dank für das aufschlussreiche Interview!